Alpenüberschreitung 6.9. bis 20.9.2003

Die Planung

Seit etwa 1,5 Jahren planten wir, mit unseren Araber-Stuten und unserem Hund die Alpen zu ueberschreiten und dabei ganz bewusst abseits der ‘’bekannten'’ Routen wie Reschenpass oder Brenner zu gehen. Bei aller Planung war uns bald klar, dass wir nirgends Quartiere vorbestellen konnten, weil das Vorwaertskommen gerade im alpinen Gelaende nicht kalkulierbar ist und man daher keinem Quartier verbindliche Buchungsdaten geben kann. Denn sonst haette jeder Tag Verzoegerung bedeutet, dass wir zig Quartiere anrufen und verschieben muessten etc., aber auch, dass wir einen starren Ablauf des Rittes zu befolgen gehabt haetten, was uns ueberhaupt nicht gefallen haette.

Also hatten wir nach einiger Zeit alle bekannteren Moeglichkeiten, den Hauptalpenkamm zu ueberqueren, schon mal sondiert und einige aussichtsreiche Kandidaten in die engere Wahl gezogen. Wir fanden im Internet teilweise schauerliche Geschichten, aber keine Beschreibung unseres geplanten Weges. Allerdings fanden wir uebers Netz einige Adressen von Unterkunftsmöglichkeiten in Tirol sowie von Reitstaellen oder Trekkingunternehmern auf dem geplanten weiteren Weg, besonders im Ahrn- und Pustertal.

Da wir auf der Nordseite der Alpen, also irgendwo zwischen Salzburg und Garmisch starten wollten, mussten wir ein ‘’Quartier'’ fuer den Haenger haben, wo er 14 Tage stehen konnte, wollten moeglichst sofort weg vom Verkehr sein und trotzdem in einer wenigstens teilweise touristisch erschlossenen Gegend in den Voralpen starten. Nach langem Kartenstudium legten wir Woergl bei Kufstein als Startort fest und fanden bei Hopfgarten auch ein Hotel, bei dem die Pferde einen Stall und der Haenger einen (Dauer-)Parkplatz hatten.

Also stand die Route bis nach Suedtirol fest - durch die Wildschoenau und ueber die Filzenscharte ins Pinzgau und nach dem Aufstieg ins Krimmler Achental der Uebergang ueber den Krimmler Tauern ins Ahrntal. Von dort aus wollten wir einfach suedwaerts weiterreiten, bis wir nach 2 Wochen abgeholt wuerden.

Die Ueberschreitung der Voralpen

Am Startort angekommen luden wir all unseren Krempel in die Satteltaschen um, bereiteten alles vor und gingen in die Sauna (wenn schon, denn schon…). Nach einem riesigen Abendessen (der Wastlwirt meinte es gut mit uns) fielen wir ins Bett und schliefen um 22:00 (laenger sollten wir es erst am letzten Abend aushalten…).

Am naechsten Morgen satteln wir die Pferde, packen Unmengen an Zeug auf sie drauf und ziehen los. In Hopfgarten biegen wir ins Windachtal ein und machen uns auf in einen der hinteren Winkel der Wildschoenau, die mir vom Skitourengehen ziemlich vertraut ist. Die Strasse ist geteert und schmal, wir fuehren ueberwiegend, um den Pferden die Gewoehnung an Sattel und Gepaeck zu erleichtern. Auf dem ganzen Ritt haben wir wohl um die 75 % gefuehrt, die (hoch-)alpinen Passagen komplett. Moeglichst jede Stunde duerfen die Pferde eine Viertelstunde grasen, zudem bei jedem Halt. Das sollte den groebsten Hunger vermeiden.

Als dann wir das erste Ziehen im Magen spueren, taucht auch schon der Lendwirt auf, wir finden am Parkplatz eine vorbereitete Anbindestange und schon sind die Pferde aufgeraeumt. Nach einem schoenen Essen ziehen wir weiter ins Tal bis ans Ende der Teerstrasse zum Steinberghof. Dort ist unterm Haus eine schoene Weide eingezaeunt, auf die uns der Wirt gerne laesst. Die Pferde grasen, wir beziehen ein schoenes Zimmer und sind froh ueber unseren ersten Reittag. Als wir uns gerade zum Nachtessen bereitmachen, klopft die Wirtin an die Tuer: ‘’Die Pferd’ san auskemma…'’. Als wir bei der Weide ankommen, sind die Pferde in der Weide, dafuer steigt gerade der Nachbar wieder ins Auto - er hatte die Situation gleich erkannt und einfach die Ausbrecher wieder eingesammelt.

Am naechsten Morgen gehen wir weiter dem Talschluss entgegen, die ca. 1700 m hohe Filzenscharte ist unser erster Uebergang. Wir hatten die Tour ganz bewusst so geplant, dass wir erst einen kleineren Pass gehen wuerden, um den Pferden (und uns) Zeit zur Akklimatisation und auch zum Training zu geben, denn unsere (reiterlichen) Bergerfahrungen beschraenkten sich bisher auf den Bayerischen Wald, wo es zwar auch tuechtig zur Sache gehen kann, aber alles auf vertrautem Terrain.

Wir verlassen die Almstrasse, die zur Filzenscharte fuehrt und steigen ueber zwei Almen der Passhoehe entgegen - ein erster Vorgeschmack auf alpine Wege. Schmal, felsendurchsetzt und rutschig zieht der Pfad hinauf, auf dem die Almbauern heute noch ihr Vieh talwaerts treiben und auf dem wir deshalb keine Sorgen haben muessen, irgendwas kaputt zu machen. Nach einiger Ueberlegung schnappe ich mir die Weisse und fuehre sie den Weg hinauf, waehrend die Rote einfach und entspannt hinterhersteigt. Wir haben diese Methode (mit abwechselnd gefuehrten Pferden) bis zum Schluss in schwerem Gelaende beibehalten und sind damit sehr gut gefahren.

Dieser erste Weg aber ist sehr unangenehm, das Pferd ungeschickt, ich komme schwer ins Schnaufen, weil sie trotz allem mit ihrem Vierbeinantrieb spielend das doppelte Tempo gehen kann, das ein Mensch auf diesem Weg zustande bringt. Nach dem 200 - 300 Hoehenmetern ist aber klar, wie wir Hoehe gewinnen werden: Ich gehe mit einem Pferd voran, das zweite laeuft frei hinterher und Sanne kommt mit dem Hund an der Leine zum Schluss. Dann ist nie mehr als ein Tier frei und die Belastung ist gerecht verteilt.

Nach diesem schwierigen Weg stossen wir wieder auf eine Almstrasse, die uns zur 1700 m hohen Filzenscharte fuehrt. Dort muessen wir aber feststellen, dass der Wanderweg mit Pferden nicht passierbar ist, da zwei Felsstufen ueberwunden werden muessen, die auch Wanderern den einen oder anderen ‘’Handgriff'’ abverlangen und uns unmoeglich vorkommen. Statt dessen schleichen wir durch das ‘’Filz'’, ein Hochmoor, das zum Glueck wegen der langanhaltenden Hitze im Sommer weitgehend ausgetrocknet ist. An der Grenze zwischen Tirol und dem Pinzgau (Salzburger Land) ist ein Stacheldrahtzaun, den wir mit unseren Zangen oeffnen und wieder schliessen. Spaeter hoeren wir, dass es noch einen dritten Weg gibt, naemlich eine ausgebaute Almstrasse, die westlich des Filzes verlaeuft.

In leichtem Regen laufen wir ueber eine schoene Alm, als wir unsere erste Kuhherde erreichen. Wir hatten uns auf alles Moegliche eingestellt, aber die Pferde bleiben voellig gelassen und zucken mit keiner Wimper. Ueber 500 hM tiefer kommen wir auf die Teerstrassse und spazieren recht entspannt ins Tal. Allerdings finden wir den Steilabstieg nach Wald nicht und gehen zu weit oestlich, wir kommen im Neukirchen am Grossvenediger ins Tal.

Unsere schwachen Hoffnungen, bei Hans-Peter Ganthner, dem ‘’Nomaden zu Pferde'’ unterzukommen, werden schnell enttaeuscht. Er macht heuer eine Tour durch ganz Deutschland und soll dann aufhoeren. Seinen Hof habe er schon verkauft, der Nachfolger ist aber nicht auffindbar. Eine Frau auf der Strasse empfiehlt uns aber den Schuetthof, der sogar in Richtung Krimml liegt. So machen wir uns auf fuer die letzten paar Kilometer und erreichen den abseits unter einem Wasserfall liegenden Hof, bei dem wir freundlich aufgenommen werden und unsere Pferde auf einer riesigen Weide unterbringen koennen. Wir fallen nach einem guten Essen bald ins Bett, der erste ‘’Alpintag'’ war anstrengend.

Fuer den naechsten Tag hatten wir uns einiges vorgenommen. Als wir in den ersten Sonnenstrahlen zur Weide kommen, auf der die Pferde stehen, bleibt uns der Mund offen - die Pferde stehen in der Mitte der Weide, dann legt sich erst die eine, nach einer Zeit dann die andere zu einem kleinen Schlaefchen hin. Dazu rauscht der Wasserfall, die Sonne scheint, die Zeit steht still. Wir legen uns auf eine kleine Anhoehe und schauen unseren Pferden einfach zu, wie sie den herrlichen Platz geniessen.

Erst nachdem wir sogar noch zu Mittag gegesen hatten, koennen wir uns losreissen - wir haben wieder eine Empfehlung bekommen in Wald, dem Ortsteil von Neukirchen, der den Krimmler Wasserfaellen am naechsten ist. Dorthin laufen wir in knapp 2 Stunden und sind froh, dass unsere Pferde in dem einsetzenden Regen in einen Stall duerfen. Allerdings ist der Stall so niedrig, dass sogar unsere "Zwerghasen" oben anstossen - am Morgen hat die Rote eine haessliche Schuerfwunde am Schopf und zeigt sich fuer eine ganze Woche ein wenig kopfscheu. Zum Glueck hatten wir daran gedacht, die Leuchtstoffroehren in dieser ‘’Box'’ abzubauen, damit nicht auch noch Glas zerbrochen wird.

Die uebrigen Pferde, schoene Noriker und zwei Haflinger, stehen nachts in Staendern, eine Haltungsform, die wir ablehnen, die aber in den Bergen oft der einzig moegliche Kompromiss ist, um ueberhaupt Pferde zu halten. Die Boeden sind so steil und die Humusschicht so duenn, dass die schweren Pferde eine Hangweide in kurzer Zeit so ruiniert haetten, dass sie sich nicht mehr erholen wuerde. So leben die Pferde im Sommer auf der Alm und nur im Winter im Tal, wo sie taeglich vor dem Schlitten gehen und Touristen durch die Landschaft ziehen. Wuerde man die Staenderhaltung ganz verbieten, wuerde das das Ende der baeuerlichen Pferdehaltung bedeuten.

Die Ueberschreitung des Hauptalpenkammes

Am naechsten Morgen hat der Regen kurz vor unserem Start aufgehoert und wir ziehen nach Krimml unter den weltberuehmten Wasserfaellen. Ein wunderschoener Weg soll direkt an der Faellen entlang hinaufgehen, aber beim Anblick der 380 m in die Tiefe stuerzenden Wassermassen wird uns schnell klar, dass wir da lieber nicht hochsteigen wollen. Zum Glueck gibt es noch eine private Fahrstrasse ins Krimmler Tauerntal hinauf, die kaum befahren ist und lediglich einmal durch einen 330 m langen unbeleuchteten Tunnel fuehrt. Auf der fuehren wir die Pferde hinauf und sind im Tunnel froh, dass wir sogar an Leuchtwesten gedacht hatten, die uns in dem schwarzen Loch fuer Autos erkennbar machen sollen. Aber wir kommen ohne Begegnung mit einem Auto durch das Tunnel und passieren den oberen Wasserfall in gebuehrendem Abstand. Den Pferden ist das alles egal, sie marschieren ruhig und gelassen neben uns her.

Als wir den Talboden des Achentals erreichen, sehen wir, dass auf den Bergspitzen um uns herum schon Schnee liegt. Sie sind etwa so hoch wie der von uns angestrebte Uebergang ueber den Krimmler Tauern, ca 2700 hM. Die erste Huette im Tal ist die Hoelzlahneralm, wir fragen um ein Quartier fuer uns und die Pferde. Wir werden nett empfangen und koennen die Pferde auf eine eigene Weide stellen. Der mitgefuehrte Hafer bleibt im Hafersack, aber wir decken die Pferde gegen den kalten Wind mit unseren Ponchos ein. Wir bekommen ein feines Nachtessen und trinken noch ein Viertel Roten, dann fallen uns schon die Augen zu.

Nach einer schoenen Nacht in einem sehr sauberen Matrazenlager machen wir uns auf den Weg Richtung Krimmler Tauern und Suedtirol. Es ist ungemuetliches Wetter, hinter uns blaest ein haesslich kalter Wind das Tal herauf und die Berge haben schon weisse Hauben. Nach einer Stunde passsieren wir das Tauernhaus und sind zuversichtlich - was sich schlagartig aendert, als hinter uns eine Wolke ins Tal zieht und uns bei starkem Rueckenwind mit Schnee eindeckt. Binnen einer Minute sind wir klatchnass und fangen an, auszukuehlen.

Nach wenigen Minuten, in denen wir aber den Hosenboden durchnaesst bekommen, erreichen wir die Unlassalm, bei der ich frage, ob wir uns im Stall unterstellen koennen. Die lieben Leute von der Alm lassen unsere Pferde in den Kaelberstall, in dem sie windgeschuetzt Heu muemmeln koennen und vorerst mal zufrieden sind. Aber der Senner holt dann seine Kaelber (mit dem Fahrrad verschwindet er durch den Schneesturm und taucht dann wie eine Erscheinung im Kreise seiner galoppierenden Kaelber radelnd ploetzlich wieder auf - dabei ist er sicher schon an die 80 - 85 Jahre alt…) und das wuerde zu eng, denn der Stall ist voll.

Wir machen uns also auf den Weg zurueck zum Tauernhaus und kommen dort erschoepft und ausgekuehlt an. Die Wirtsleute des Tauernhauses weisen unseren Pferden die steinigste Weide zu, direkt unter den Felsen, die Pferde stehen zitternd im Wind und auch wir muessen uns erst mal trockenlegen. Nach einer Aufwaermstunde mit einer Tasse heissem Tee kaufe ich eine Flasche Roten (muss ein ganz besonderer Tropfen aus dem Weinkeller des Tauernhauses gewesen sein…) und marschiere wieder die 20 Minuten zur Unlassalm.

Jetzt reisst der Himmel auf und binnen Minuten ist es warm - die Berggipfel, frisch ueberzuckert, schauen mir zu und die Wolken verschwinden binnen einer Viertelstunde, das Wetter ist geradezu himmlisch. Jetzt ist es doch schade, dass wir zurueck zum Tauernhaus gegangen sind, haetten wir hier auf der Alm die 1 - 2 Stunden gewartet, waeren wir jetzt auch trocken und koennten uns auf den weiteren Aufstieg machen.

Statt dessen trinke ich mit den Sennern ein Glas Roten und sie laden uns ein, unsere Pferde bei ihnen im Geissenstall unterzubringen, damit sie aus dem Wind heraus kommen. So wandere ich, gestaerkt durch den Roten und das tolle Wetter, wieder zum Tauernhaus zurueck, wo ich Frau und Hund und Pferde einsammle und wir alle wieder zu der Alm ziehen.

Dort angekommen duerfen die Pferde in den Stall, der Senner bringt ihnen noch einen grossen Korb Heu. Das ist das eigentlich Grossartige, denn hier heroben ist Heu eine Kostbarkeit, die in Geld nicht bezahlbar ist, denn wenn die Tiere nichts mehr zu fressen finden, hilft alles Geld nichts. Nach einem letzten Glas Roten laufen wir die halbe Stunde zum Tauernhaus zurueck, wo wir nach einer heissen Dusche ein feines Abendessen bekommen und dann auch schon schlafen muessen.

Der naechste Tag bringt zunaechst durchaus brauchbares Wetter, und wir bummeln mit unserem Handgepaeck zur Alm, wo wir die Pferde aufpacken. Dann faellt mir am vorderen Roehrbein der Roten eine haessliche Schnittverletzung auf, die unangenehm tief zu sein scheint und die ich zu Hause vom TA haette versorgen lassen. Der Senner schaut sie sich an und kramt dann eine selbstgemachte ‘’Beechsoim'’ heraus, die ich nach einem pruefenden Geruchstest mutig auf die Wunde schmiere. Um es gleich hier zu sagen: Die Wunde granuliert binnen einer Woche und ist nach zwei Wochen praktisch abgeheilt, obwohl wir waehrend der Zeit die Pferde sicher stark beansprucht haben.

Der Wirt vom Tauernhaus hat uns noch einen ganzen Eimer Hafer mitgegeben fuer unsere Pferde, von dem sie (und ein besonders mutiges Kalb) einen Grossteil hier bekommen, fuer die Notration traegt die Rote noch ca. 2 kg ueber den Tauern. Dann ziehen wir los und reiten nach dem Warmfuehren zur Windbachalm hinauf, die wir nach einer Stunde im beginnenden Schneetreiben erreichen. Dort duerfen wir die Pferde wieder in den Kuhstall stellen und ihnen etwas Heu geben, weil die Kaelber ja alle draussen auf der Almweide sind. Derweil sitzen wir mit den beiden Sennern in der geheizten Stube. Sie erzaehlen uns schauerliche Geschichten von Leuten, die im August auf dem Krimmler Tauern im Schneesturm erfroren sind… Dabei lachen sie und sagen, wir wuerden es schon schaffen, und in zwei Stunden waeren wir leicht in Suedtirol.

Dann scheint der Schneeefall nachzulassen und wir ziehen los, zunaechst noch ueber die Alm, ueber sehr unbequem zu ueberwindende Wasserlaeufe und schon bald ueber felsdurchsetzten Boden mit Schneeauflage, als ploetzlich eine Herde von 6 kraeftigen Pferden auf uns zu kommt mit der eindeutigen Tendenz, uns beiden die Pferde abzuluchsen. Aber da waeren sie besser hundert hM tiefer gekommen, so empfangen wir sie mit ein paar gut gezielten Schneebaellen, bis sie (nach dem dritten ‘’Angriff'’) endlich abdrehen und zurueckbleiben.

Die Pferde laufen lieber mit uns mit und marschieren praechtig bergauf, waehrend ich den Weg im tiefer werdenden Schnee suche und die Spur soweit trete, dass die Pferde sehen koennen, wo sie hintreten. Die Sicht betraegt stellenweise weniger als fuenfzig Meter, wir haben oft Schwierigkeiten, die naechsten Markierungen zu erkennen, aber der Weg ist logisch und letztlich doch gut zu finden. Nach sehr anstrengenden 3,5 Stunden (ab der Windbachalm) kommen wir an der Passhoehe an, 2634 hM. Der Ausblick beschraenkt sich auf wenige Meter, dazu pfeift ein Wind durch die Scharte, dass man kaum nach Norden (wo der Wind herkommt) schauen kann.

Nach einem stillen und vor allem kurzen Gedenken an die hier oben an einem 10. August im Schneesturm Erfrorenen machen wir uns auf den Weg nach unten, wo schon auf den ersten 10 hM eine grosse Waechte das Weiterkommen erschwert. Also walze ich mit meinem schieren Gewicht den Schnee vom Weg und bahne damit den Pferden einen Ausweg aus dem kalten Wind.

Wir sind kaum ueber den Pass, schon ist der Wind nicht mehr zu spueren, es ist weniger kalt und der Schnee deutlich weniger. So geht es an der Lausitzer Huette und der Tauernalm talwaerts, wo wir ca. 1,50 Std. nach Ueberschreiten des Krimmler Tauern an der Jagdalm/Trinkstein das erste bewohnte Haus finden. Wir sind in Suedtirol angekommen. Die Pferde haben bis auf die eine Schramme keinerlei Verletzung, sie kommen zu einem Berg Heu in den Kuhstall auf der Alm und wir lassen uns einen Speck und den schon obligaten Roten schmecken.

In der kleinen Gaststube sind viele Maenner aus dem Tal, die hier ihren Feierabend mit einem Viertel Roten einlaeuten und uns durchaus interessiert ausfragen, wo und wie wir denn hierherkommen. Ueber den ganzen Abend hin kommen immer wieder Gaeste auf die Alm, trinken ein Glas und lassen sich erzaehlen. Wir schlafen wieder frueh auf der Ofenbank und bekommen am naechsten Morgen ein ausgiebiges Fruehstueck, unsere Laune ist schon wieder auf der Hoehe. Auch jetzt hat die Alm staendig Kunden, die auf einen Capuccho hereinkommen und dann auf ihre Alm, ihren Forst oder sonstwo zur Arbeit aufbrechen. Wieder muessen wir Rede und Antwort stehen, aber niemand scheint sich daran zu stoeren, dass da zwei G’spinnerte ihre Gaeule ueber den Tauern gefuehrt haben.

Durch’s Ahrntal

Als wir am Morgen die Pferde packen, bessert sich das windige und feuchtkalte Wetter immer mehr und nach einer Stunde Marsch bergab bei der Wallfahrtskapelle Maria Hilf scheint schon die Sonne. Wir machen die uebliche Fresspause und ich gehe auf die naheliegende Huette, weil mich ein sehr ploetzliches Beduerfnis zwingt. Der Wirt weiss schon von uns, und wuenscht uns noch einen guten Weiterritt.

Auf den machen wir uns dann auch und wandern nach Kasern ueber einen alten Plattenweg, den angeblich die letzten Roemer bauten, die die Christianisierung Suedtirols einleiteten. Das Tal weiter abwaerts reiten und laufen wir, teils auf der Strasse, teils auf Wanderwegen, durch Prettau. Am Ortsende kommt eine Serie von Gallerien und Tunneln, die wir wegen der flotten Fahrweise der hiesigen Autofahrer nicht passsieren wollen. Die Karte, die wir schon seit Tagen nicht mehr gebraucht haben, zeigt zwei Alternativen hoeher an den Haengen. Nach zwei Stunden und etlichen Kilometern wissen wir, dass beide nicht mehr existieren und stehen etwas ratlos am Strassenrand, als ploetzlich eine Reitergruppe auftaucht.

Kurt, der Trekkingfuehrer, weiss auch schon von uns und bietet uns spontan Hilfe an. Nach kaum einer Minute hat er seinen Kumpel Klemens organisiert, der gerade mit seinem leeren Haenger talwaerts faehrt, weil er ein Fohlen von Schattseit’ nach Sonnseit’, also von der einen auf die andere Alm gebracht hat. Er hat 6 km hinter den Tunnels seinen Stall und bietet uns gerne ein Quartier an. Wir reiten also hinter der Touristengruppe wieder talaufwaerts zum vereinbarten Treffpunkt, als wir ueber eine herrliche Wiese kommen.

Unser Hund rennt auf ein Mal (das erste und einzige Mal auf der ganzen Tour) zwei Rehen hinterher und mischt dabei die Touristen etwas auf, ich fuehre gerade die Weisse, als ihr ploetzlich die Blase zu voll wird und sie so unvermittelt stehen bleibt, dass sie mir den Zuegel aus der Hand reisst, worauf sie dann doch vor Schreck ein wenig rumsaust - also der groesste anzunehmende Bloedsinn. Als unser Hund auch noch merkt, dass ihr Lieblingspferd losgekommen ist und ich Nerven zeige, ist das Chaos komplett. Zum Glueck war nach ein paar Momenten wieder alles unter Kontrolle, aber wir haben sicher ein desolates Bild fuer die Touris abgegeben.

Das machen wir aber beim Einsteigen am Treffpunkt etwas wett, als wir direkt an der Haengerklappe absteigen und die Pferde ohne einen Moment des Zoegerns in den Haenger gehen und abfahrbereit sind. Ich darf auf der PickUp-Pritsche fahren, aber besser schlecht gefahren als gut gelaufen… Nach kaum 10 Minuten sind wir am Stall, die Pferde, die gesattelt auf dem Haenger standen, haben noch nicht mal geaeppelt und steigen genauso entspannt wieder aus, wie sie eingestiegen waren. Man haette nach der ersten Galerie die weiteren Tunnels und Galerien auf autofreien Wegen umgehen koennen, aber wir sind sicher, dass wir nichts versaeumt haben.

Klemens hat in St. Johann einen Stall mit Trekkingpferden und eine kleine Pension, wir werden bei ihm uebernachten. Mit Alex und seiner Ivonne plaudern wir am Stall und trinken ein kleines Bierchen. Nach einer Super-Pizza fallen wir auch schon wieder ins Bett, noch muessen wir uns vom gestrigen Tag erholen.

Am naechsten Morgen reiten wir immer abseits vom Autoverkehr auf herrlichen Wanderwegen weiter Richtung Bruneck, als wir bei Luttach dem Tip folgen, bei Herberts Trekkingbetrieb Mittag zu machen. Direkt bei Luttach begegnet uns wieder eine Trekkinggruppe zu Pferd, der Fuehrer ist jener Herbert, der gerade mit zwei Klienten zu einer groesseren Tour aufbricht. Auch er hat schon von uns gehoert und wuenscht uns alles Gute weiterhin. Als wir wenige Minuten spaeter bei der Station ankommen, kommt er extra hinter uns her und laedt uns spontan ein, doch gleich mit ihm mitzureiten, wir haetten ja quasi den gleichen Weg, wenn wir nach Sueden wollten. So sehr uns das Angebot freut, wir wollen unseren etwas abgekaempften Pferden lieber nicht abverlangen, mit den lokalen Profis mitzuhalten. So machen wir gemuetlich Mittag bei einem ‘’Suedtiroler Toast'’ und einem Viertele Roten.

Am Nachmittag geht es dann vorbei an der Burg in Sand im Taufers Richtung Pustertal. Das Panorama hinter uns auf die schneebedeckten Tauern ist immer wieder atemberaubend, wir koennen den Blick kaum abwenden und noch gar nicht ganz glauben, dass wir wirklich mit unseren Pferden in Suedtirol reiten.

Die Strecke am Tauferer Bach ist herrlich, wir kommen schoen flott bis nach Gais, wo wir beim Meyerhofer unterkommen und von seiner ganzen Stallcrew super versorgt werden. Es ist der erste (und einzige) Stall auf unserem Weg, den wir fuer unsere Pferde akzeptieren koennten, weil die Pferde draussen leben und schoene Boxen fuer die Winternaechte haben. Aber Herbert hat es leicht, sein Hof liegt in der breiten Au und hat schoen viel ebenen Platz. Die Pferde erholen sich in der Nacht bei ihm sehr gut, wozu sicher beitraegt, dass sie Kraftfutter und viel gutes Heu (aus Kaernten) bekommen und sich endlich mal wieder hinlegen koennen. Unsere Pension liegt nur wenige Meter entfernt an der Hauptstrasse, wo wir bald nach dem Nachtessen ins Bett fallen.

Schon bei der Internetrecherche hatten wir von Indio erfahren, der in Ehrenburg einen Trekkingstall hat. Direkt daneben ist ein sehr schoenes Hotel, in dem wir den Geburtstag von Susanne feiern wollen. So machen wir uns nach einem Besuch im Supermarkt, nach dem auch der Hund mal wieder Futter satt bekommt, auf den Weg und ziehen aus dem Taufertal ins Pustertal und weiter zum Stegerwald, der neben dem Kronplatz eine sanfte Anhoehe bildet, hinter der dann Ehrenburg liegt.

Auf der Karte vermeintlich ein kurzes Stueck, haelt uns erst eine Baustelle und dann eine Wegsperrung wegen Baumsturz laenger auf und wir machen nochmal ein Nickerchen auf einer Jausenstation, nach einem tuechtigen Stueck Speck und dem ueblichen Viertel Roten.

Als wir bei Indio ankommen, weiss er auch schon von uns und gibt unseren Pferden einen Paddock direkt neben den Bahngleisen - so werden sie morgen sicher auch ‘’zugfest'’ sein, sowie ueppig Kraftfutter und Heu. In dem schoenen Hotel, nur 100 m vom Stall entfernt, haben sie kein Zimmer fuer uns frei, wir gehen deshalb zum gleichnamigen Garni im Ort und bekommen dort neben einem schoenen Zimmer unsere Waesche gewaschen und getrocknet. Das Nachtessen lassen wir heute ausfallen, der Speck am Nachmittag war ueppig. So schlafen wir schon sehr frueh ein, um am naechsten Morgen ein gewaltiges Fruehstueck einzufahren. Das werden wir auch brauchen, denn statt eines Rasttages wollen wir wieder einer Empfehlung, naemlich zur Starkenfeld-Huette und damit auch weiter den Spuren von Herbert aus Luttach und seinen Gaesten folgen.

Ueber die Luesener Alm nach Villnoess

1100 hM ueber Ehrenburg erstreckt sich die Luesener Alm, eine grosse Hochflaeche ueber der Baumgrenze ohne Felsaufbau mit einigen Almen und dem Versprechen eines grandiosen Ausblicks. Indio hat uns einen schnellen Weg auf die Hoehe empfohlen, der sich stellenweise als sehr schweisstreibende Rueckegasse nahe an der Fall-Linie entpuppt. Wir wissen das bald genau, weil wir Gegenverkehr von einem holzrueckendem Bulldog bekommen, der einige Holzstaemme bergab schleppt. Der Fahrer haelt sein Gespann sofort an und wir wechseln ein paar nette Worte: ‘’Gleich seid’s drob’n'’ sagt er und verspricht damit doch etwas viel…

Als die Baeume sich endlich lichten und die Steigung abnimmt, kommen wir auf die Rodenegger Alm und werden foermlich erschlagen von der Aussicht von den Tauern bis zum Adamello, also etwa 150 km. Die Luft ist klar und der Himmel so tiefblau, als haette man Tinte ueber das Firmament gegossen. Wir finden den Weg zur Starkenfeldhuette an einer Kaelberherde vorbei, bis wir etwa 100 m von der Huette weg an einem neuen Drahtzaun scheitern. Um den Zaun nicht zwicken zu muessen, reite ich mit der Weissen an der Hand wieder zu der Kaelberherde zurueck und dort zum Weidegatter, ueber das ich dann auf den Weg und zur Huette kommen. Die letzten Meter trabe ich sogar, so motiviert sind die Pferde.

Auf der Huette werden wir freundlichst empfangen, Herbert war vorgestern da und scheint seine Gaeste an den Rand ihrer Kraefte gebracht zu haben, wie die Wirtsleute erzaehlen. Die Pferde kommen auf die Kaelberweide am Haus und werden mit Kraftfutter verwoehnt. Wir bekommen das schoenste Zimmer mit Balkon Richtung Sonnenuntergang und sitzen mit einer Schulklasse aus Norddeutschland noch lange auf der Terrasse in der Sonne bei einem Kaiserschmarrn und dem schon lieb gewonnenen Viertel Roten. Der Sonnenuntergang ist eindrucksvoll wie an wenigen Plaetzen auf der Erde und wir sitzen auf dem Balkon, bis es fast ganz dunkel ist. Auch heute ueberstehen wir das Nachtessen nur um kurze Zeit und trollen uns bald ins Bett.

Am folgenden Tag reiten wir suerdwaerts in Richtung auf das Astjoch, mit ca. 2200 hM die hoechsten Erhebung der Luesener Alm. Die letzten Meter geht es fast lotrecht einen sehr steilen Hang hinauf, ich lasse mich wieder wie gestern von der Roten am Schweif den Berg hinaufziehen. Das hat sich zur Ueberwindung von kuerzeren steilen Passagen bewaehrt, aber lange machen es die Pferde nicht mit. Trotzdem bin ich mit den Pferden im Nu auf dem Gipfel und binde die Pferde am Gipfelkreuz an.

Ein gewaltiger Ausblick ist der Lohn fuer den Aufstieg, den wir ausgiebig geniessen. Bruneck liegt uns zu Fuessen, die Tauern stehen gegenueber und man sieht bis zum Grossglockner. Der ganze Hauptalpenkamm mit den schneebedeckten Gipfeln vom Grossglockner bis zum Ortler steht zum Greifen nahe da, und in die andere Richtung sind die Dolomiten aufgereiht von den Sextnern ueber den Sellastock bis zur Brenta. Der Peitlerkofel steht genau in unserer Richtung, wir werden also die Karte gar nicht brauchen, die wir auf der Huette noch gekauft haben.

Irgendwann reissen wir uns vom Astjoch los und steigen ab zur Scharte, wo ein tiefblauer Bergsee auf die Pferde wartet. Nachdem der Durst gestillt ist, verfolgen wir den sich staendig bergauf-bergab dahinziehenden Weg an der Gratlinie, bis wir zum Jakobsstoeckl kommen, einer uralten winzigen Kapelle, wo wir eine seit Tagen mitgefuehrte Kerze anzuenden. Unser Weg fuehrt uns weiter zur Wieser-Alm, wo wir die Pferde anbinden und mal wieder einen Kaiserschmarrn mit einem Viertel Roten vertilgen.

Nach unserer Topo-Karte soll von hier eine Almstrasse bis zur Tournaretschhuette gehen, die wir auch munter entlangziehen. Bei den Luesener Staellen, einer weiteren Alm, biegt der Weg aber ploetzlich ab und vewandelt sich zu einem winzig schmalen Pfad, der waagrecht durch den steilen bewaldeten Hang fuehrt. Ich fuehre wieder wie gewohnt die Rote vorneweg, die Weisse laeuft ruhig hinterher, bis sie ploetzlich mit der talseitigen Packtasche an einem Baum haengenbleibt und vor Schreck anzieht. Die Tasche reisst aus und schlenkert ihr zwischen die Beine und sie ueberholt mich im Galopp, um direkt vor mir in die Tiefe zu springen. Sie verschwindet hinter einigen Baeumen und ich bin sicher, dass sie das nicht ueberlebt, so steil ist das Gelaende, als sie ploeetzlich wieder heraufspringt und keuchend mit riesigen Nuestern vor mir steht. Ich nehme sie am Halfter, lasse die Rote umdrehen und zu Susanne zurueckgehen, sortiere die Tasche wieder notduerftig auf den Sattel und wir gehen die letzten 150 m dieses Wegstueckes bis zur Huette.

Dort besichtigen wir den Schaden: Ein Befestigungsriemen, der fest am Sattel angebracht war, ist an einer Sollbruchstelle ausgerissen, aber die Tasche laesst sich anderweitig wieder gut befestigen. Dem Pferd ist ueberhaupt nichts passiert, was das eigentlich Unglaubliche an der Sache ist. Leider hat man auf der Tournaretschhuete keinen Platz fuer uns, die Senner erzaehlen auch, dass sie vor einigen Tagen drei andere Reiter weiterschicken mussten, die auch auf ein Quartier gehofft hatten. Wir muessen weiter zur Maurerberghuette, die schon direkt ueber dem Wuerzjoch liegt. Dort kommen wir dann nach 2 weiteren Stunden reichlich geschafft an.

Auf der Huette hat es keine Kaelber, nur Geissen halten sich auf den mageren Wiesen. Unsere Pferde bekommen aber einen schoenen Korb Heu und duerfen in der Garage angebunden uebernachten. Die Nacht verspricht, sehr kalt zu werden und wir sind froh, dass die Hasen wenigstens ein Dach ueber dem Kopf haben und aus dem Wind sind. Der Sonnenuntergang direkt gegenueber des Peitlers ist dafuer einfach wunderbar und wir stehen lange staunend vor dem Farbenspiel.

Die Familie, die die Huette bewirtschaftet, stammt aus Untermoi im Ladinischen und spricht kaum Deutsch. Das Schuldeutsch der 8jaehrigen Tochter des Hauses und mein bisserl Italienisch reichen aber aus, um uns ein schoenes Abendessen zu organisieren und den gewohnten Roten. In einem huebschen Zimmer schlafen wir bald den Schlaf der Geschwaechten. Morgen werden wir Herberts Spuren verlassen und vom Wuerzjoch ins Villnoess absteigen, um uns in St. Magdalena oder in St. Peter abholen zu lassen, unser herrlicher Ritt geht zu Ende. Die geplante letzte Etappe vom Wuerzjoch ueber die Schlueterhuette und den Munkelweg nach Wolkenstein schaffen wir zeitlich nicht mehr, aber wir sind fast uebersaettigt von all der Schoenheit und den vielen Eindruecken, die wir machen durften. Ausserdem hatten wir unterwegs alle unsere Schutzengel so sehr strapaziert, dass wir es jetzt ausklingen lassen wollten, um nicht doch noch irgendeinen Zwischenfall zu provozieren, bei dem sogar unser Glueck auf diesem Ritt zu wenig gewesen waere.

So laufen wir recht lange und eintoenig die Strasse vom Wuerzjoch herunter und biegen dann beim Russiskreuz auf den Fussweg ab. Dieser fuehrt uns schoen durch den Wald, bis wir bei den hintersten Hoefen von St. Magdalena ankommen. Nach einer Kehre stehen wir ploetzlich vor dem Kalenderblick schlechthin ueber die Kirche von St. Magdalena auf die Geislergruppe, schon 1000mal in diversen Dolomitenkalendern gesehen und doch hinreissend in seiner natuerlichen Harmonie. An der schoensten Stelle steht eine kleine Bank, auf der wir ein wenig rasten und den Blick geniessen, als sich ploetzlich die Weisse auf der Suche nach dem leckersten Gras direkt vor uns stellt und wir das Kalenderbild mit bepacktem Wanderreitpferd vor uns sehen.

Als wir uns endlich losreissen, ist der Abend schon recht fortgeschritten und wir laufen in den Ortskern hinein und fragen bei einem Haus mit grosser angrenzender Wiese, ob wir die Pferde dort fuer zwei Tage auf die Weide stellen koennten. Der junge Bauer freut sich ueber die Abwechslung, vor allem, als wir in ein paar Saetzen erzaehlen, wie und auf welchen Wegen wir hergekommen sind. Schon sind die Pferde auf der schoenen Wiese und fressen endlich wieder Gras statt dem holzartigen Bewuchs auf den Almen. Wir bekommen direkt gegenueber der Wiese ein Zimmer in einer netten Pension und sind gluecklich angekommen nach 12 Tagen Trekking.

Aber noch ist ist unser Hunger nicht ganz gestillt. Wie wuerden die Pferde wohl ohne Gepaeck laufen? Also packen wir sie uns am naechsten Tag und steigen von St. Magdalena auf die Gschnagenhartalmen ca. 800 hM auf, um doch noch ein Stueck des Munkelweges zu reiten, von dem man uns gesagt hat, er sei so schoen, dass man hinterher ein anderer sei. Leider ist der Weg durch einen neuen Drahtzaun unterbrochen, aber man soll angeblich ein paar Meter oberhalb des Weges eine vorbereitete Oeffnung finden. Wir wollten es nicht darauf ankommen lassen, zumal wir kein Werkzeug dabei hatten und bummeln lieber ueber die Almen wieder zurueck und verputzen den naechsten Kaiserschmarrn, natuerlich mit einem Roten. Die Pferde laufen prima, keine Ermuedungserscheinungen, sondern souveraenes Steigen aus dem Schinken heraus, auch bergab gutes Untertreten und satt Kraft im ganzen Pferd.

Der naechste Tag wird der erste faule Tag seit unserem Abritt, die Eltern von Susanne bringen uns das Gespann und werden dafuer von uns in ein schoenes Hotel ganz oben beim Ranuimueller eingeladen. Wir packen unsere Sachen und reisen am Sonntag vormittag, von den guten Wuenschen der Wirtsleute begleitet, in genau 5 Stunden zurueck in den Stall. Die Pferde und der Hund sind fit und gesund, sie haben praktisch keine Schramme und sind zwar schlank, aber nicht mager, dafuer unglaublich zaeh und natuerlich um viele Erfahrungen reicher.

Ein Fazit

So ein Alpenritt ist fuer uns die Krone des Wanderreitens. Alles muss passen und dazu braucht man noch sehr sehr viel Glueck. Man erlebt unglaublich schoene Dinge, muss aber auch hart dafuer schuften, ebenso wie auch die Pferde. Man erlebt eine Herzlichkeit und Offenheit und Gastfreundschaft, die man weder zu Fuss, noch mit dem Mountainbike, geschweige denn mit dem Auto auch nur erahnen kann. Andere Lebens- und auch Haltungsformen muss man nehmen und auch akzeptieren koennen und jeden Moment anpassungsfaehig, aber notfalls stark genug sein, auch mal ein klares Nein zu sagen. Wir wollen jedem, der einen Alpenritt angeht, viel Erfolg und das dafuer noetige Glueck wuenschen.

Wir sind durchaus erfahrene Wanderreiter, ich habe zudem langjaehrige Alpinerfahrung und wir haben wirklich sehr gute Wanderreitpferde - trotzdem haetten wir am ersten, zweiten, dritten und jedem noch folgenden Tag scheitern oder gar ein Pferd verlieren koennen, man hat es nie ganz in der Hand. Wer aehnliches plant, sollte sowohl als Wanderreiter als auch als Alpinist sehr erfahren sein, Spitzenpferde haben, mit weit offenen Augen und Herzen fuer die Umwelt und die Menschen auf dem Weg unterwegs sein und sich vor allem keinen Druck machen, dann kann es gelingen und eine so wunderbare Reise wie die unsere werden.

Wir haben allen zu danken, die uns unterwegs begegnet sind, und besonders den vielen, die uns geholfen haben.
 

Text und Bilder: Stefan Knoll